Eindrucksvolle Talentprobe
 
Schuberts "Winterreise" mit Matthias Nenner und Matthias Alteheld
 
Porta Westfalica (usk). "Wir waren über die düstere Stimmung dieser Lieder ganz verblüfft, und Schober sagte, es habe ihm nur ein Lied gefallen." Dies war die Reaktion der Schubert-Freunde auf die "Winterreise".
 
Von Udo Stephan Köhne
 
 
Inzwischen ist dieser größte aller Liederzyklen trotz (oder gerade wegen) seiner traurigen Anlage zum Kultstück avanciert, aber auch zur technisch-geistigen Herausforderung. Jetzt stellten sich in der Hausberger St.-Walburga-Kirche Matthias Nenner (Bariton) und Matthias Alteheld (Klavier) dem Wagnis "Winterreise".

Junge Interpreten, die sich ausprobieren möchten, standen im gedämpften Rampenlicht: Da schwingt schnell eine Spur Skepsis mit, ob die aufgestellte Hürde nicht noch eine Nummer zu groß ist. Doch die beiden Ausführenden konnten etwaige Zweifel schnell ausräumen. Ihre Schubert-Reise war stimmige Sache.


Ohne übertriebenes Pathos gingen Nenner und Alteheld das knapp 70-minütige Opus an. Forsche Tempi, zügige Übergänge, dazu eine Leichtigkeit in der musikalischen Diktion, die der "Winterreise" einiges von der ihr innewohnenden Schwere nahm: In jedem Fall gut. Keine Verdopplung der musikalischen Schwermut durch schleppendes Tempo und künstlich verdunkelte Stimme: Im archaisch wirkenden Kirchenraum von St. Walburga wurde ganz der Wirkung des Stückes vertraut. Und das konnten die Interpreten dank guter Detailabstimmung auch tun.

Überzeugend das eher helle Timbre von Matthias Nenner, das flexibel geführt durch die 24 Lieder kam. Ein Bariton, der unverkrampft von der dramatischen Attacke in die lyrische Gestaltungsweise wechseln kann, zeigte sich. Mit enormer dynamischer Bandbreite, guter Textverständlichkeit und darstellerischer Intelligenz.

Höchst ansprechend auch, was Matthias Alteheld auf dem nicht gerade leistungsstarken Flügel vollbrachte: Viel Sinn für das große Ganze, doch zugleich liebevoller Blick auf das musikalische Detail. Pech, dass ihn in der Endphase (Nr. 22) die Treffsicherheit im Stich ließ.

Im Ganzen ein Abend, der Franz Schuberts "Winterreise" in bestes Licht rückte. Uneitel und musikalisch gewissermaßen objektivierend. Dafür langanhaltender Beifall.